Ziegel erzählen ihm ganze Geschichte(n)
Archäologe Dr. Jens Dolata liest aus Stempeln / Römische Legionen versorgten auch Heiligtum / "Sensationelle Fülle".Bernd Funke, Allgemeine Zeitung Mainz, 31.08.2005
 
| Die Legionen, die Ziegel für den Heiligen Bezirk beisteuerten: XXII. Legion Primigenia IV. Legion Macedonica XIIII. Legion Gemina I. Legion Adiutrix XXI. Legion Rapax VIII. Legion Augusta | 
| Die Ziegel stammen zu jeweils einem Drittel aus claudisch-neronischer Zeit (43 bis 69/70 n.Chr.), flavischer Zeit (69/70 bis 96/97 n.Chr.) und vom Beginn des 2. Jahrhunderts n.Chr. (bis etwa 120 n.Chr., Regierungszeit des Traian). | 
"Die 430 Ziegelstempel aus der Lotharpassage stellen zehn Prozent aller bisher in Mainz gefundenen 
Ziegelstempel dar", erklärt Dolata. Seine Forschungsergebnisse ("Ich arbeite mit etwa zwölf Institutionen 
zusammen") will er in das Manuskript für ein Buch einarbeiten, das Ende des Monats abgeschlossen wird. 
"Das ist der erste Teil einer Fundvorlage aller römischen Ziegelstempel aus Mainz und wird mit rund 
2000 Katalognummern etwa die Hälfte aller bekannten Mainzer Stempel umfassen", kündigt Dolata die 
Publikation aller militärischen Ziegelstempel des ersten Jahrhunderts an. Er wird sie neu benennen 
und die best erhaltendsten im Bild zeigen. "Damit findet die seit mehr als zehn Jahren von mir 
unternommene Funddokumentation Mainzer Ziegelstempel einen ersten Abschluß", freut sich Dolata, 
der sich der Hilfe von Naturwissenschaftlern, Ingenieuren und (wegen der Datenfülle) Mathematikern 
bedient.
Stutzig macht, daß das von einer Privatperson gestiftete Isis-Heiligtum mit Ziegeln gedeckt war, 
die aus den Heeresziegeleien von Rheinzabern, Frankfurt-Nied oder Straßburg-Königshofen stammten. 
Ein früher Fall von "Schwarzhandel"? Dolata lacht: "Es stimmt schon, daß wiederholt und in großem Stil 
im Heiligtum quasi staatliches Baumaterial verwendet worden ist. Aber der Heilige Bezirk stand auch in 
besonderer Gunst der kaiserlichen Statthalter." Wohl weil der Kaiser im fernen Rom dem Isis-Kult zugetan 
war, haben die in Mainz residierenden Provinzgouverneure immer wieder die Verwendung von staatlichem 
Baumaterial zumindest geduldet, wenn nicht sogar angeordnet. "Man könnte von vorauseilendem Gehorsam 
sprechen", meint Dolata. Etwa im Abstand von 30 Jahren seien die Dächer neu eingedeckt worden, hat der 
Archäologe herausgefunden. "Jahrgenau kann man die Renovierungen durch die Geochemie feststellen", 
weiß Dolata und stellt nebenher nicht ohne Stolz fest: "Daß in Mainz auf Ziegelfunde geachtet wird, 
das liegt an meiner Person." Das war durchaus nicht immer so. Wurden Ziegelreste früher entsorgt, 
bargen die Archäologen und ihre Helfer in der Lotharpassage jedes Bruchstück.
Eine Berliner Chemikerin, die in diesem Jahr mit der Analyse römischer Ziegel promoviert wurde, 
hat sich jetzt gemeinsam mit den Mainzer Archäologen an ein amerikanisches Forschungslabor gewandt. 
Am Forschungsreaktor der University of Missouri in Columbia sollen Wissenschaftler für eine Zusammenarbeit 
gewonnen werden, um den Mainzer Ziegeln noch mehr Geheimnisse zu entlocken.
© 2005 Allgemeine Zeitung Mainz
Text: Gerd Funke
Foto: hbz / Jörg Henkel
Text: Gerd Funke
Foto: hbz / Jörg Henkel